Das ist meine Geschichte, mein Leben, mein Weg, der nicht immer so einfach war.

Das ist meine Geschichte, mein Leben, mein Weg, der nicht immer so einfach war. In dieser Geschichte möchte ich euch erzählen, wie viele Veränderungen ich in meinen 23 Lebensjahren, die ich schon auf der Welt bin, durchmachen musste.
Im Vorfeld möchte ich erwähnen, dass ich heute glücklich bin. Eigentlich war ich immer glücklich, auch wenn es für viele Menschen so aussah, als ob ich ein super schwieriges Leben hatte.

Ich bin nämlich ein Fuchs, ich bin ein Überlebenskünstler, der sich ständig neuen Vorgaben und Strukturen anpassen musste, um zu überleben. Die erste große Veränderung in meinem Leben ereignete sich als ich mein Elternhaus verlassen musste, weil ich einfach zu heftige Aggressionen in mir hatte, welche ich ständig an meinen Geschwistern und meinen Eltern auslebte. Begründet waren diese darin, dass ich meinen Willen nicht immer durchsetzen konnte. Und ich will meinen Willen durchsetzen, das war früher so und ist heute noch immer so! Geflogen aus meinem Elternhaus, wo ich viel Gewalt ausübte, aber auch oft mit Gegengewalt konfrontiert wurde, kam eine Zeit voller Unsicherheiten auf mich zu.

Ich wechselte die Wohneinrichtungen, wie andere Ihre Unterwäsche. Ich musste wiederholt in die psychiatrische Behandlung und war gezwungen mich plötzlich auf ganz neue Gegebenheiten einzustellen. Hier waren plötzlich so viele Menschen, erwachsene Menschen, die ausrasteten, schlagen, klauen und da waren die Ärzte und Pfleger, die mich fixierten, immer, wenn ich durchdrehte. Also war ich gezwungen das System zu durchleuchten, damit ich meine Bedürfnisse befriedigen konnte.
Ich passte mich also den dortigen Strukturen an und hatte plötzlich ein super Leben. Ich bekam Ausgangszeiten, ich bekam Geld von den Mitpatienten, ich besorgte mir Handys, ich besorgte mir Süßigkeiten und konnte eigentlich immer das machen was ich wollte, wenn ich nicht ausrastete. Drehte ich durch, kamen die Medikamente und die Gurte. Aber oft zeigte ich den allen, dass sie mir nicht gewachsen sind. Kein Pfleger traute sich alleine zu kommen! Ich bin der Boss gewesen, ich habe hier das Sagen gehabt. 36Sie mussten zu fünft kommen.

Dann aber kam der Tag, als ich nach einem sehr langen Aufenthalt in der Psychiatrie abgeholt wurde. Ich hatte im Vorfeld schon mitbekommen, dass sich mal wieder eine Einrichtung an mir versuchen möchte. Ich muss dazu sagen, dass ich die Betreuenden regelmäßig belausche. Oft merkten sie dies nicht. Daher war ich oft über die Veränderungen informiert. Ich muss ja schließlich wissen, was los ist, ich bin doch hier der Boss und nicht Mitarbeiter aus irgendeiner Klinik, oder Wohneinrichtung.

Naja, 2017 war es soweit. Ich wurde abgeholt. Meine beiden Einzelbetreuer, die mich schon in der Klinik begleiteten, kamen mit. Und da stand plötzlich ein Bus. Und ein Mitarbeiter dieser Einrichtung war auch da. Wir fuhren los. In meinen Gedanken spielten sich eine Reihe an Gedanken ab, wieviel Mitbewohner werde ich haben, wie sind die Betreuer, was gibt es zu essen und gibt es einen TV. Ach, ich werden denen schon zeigen, was sie zu tun haben und was nicht. Und dann sind wir nun, wie jetzt, ich bekomme eine eigene Wohnung, ich habe keine Mitbewohner? Wie geil ist das denn? Sieben Betreuer nur für mich? Jackpot!

Heute leben ich mittlerweile knapp drei Jahre in dieser Wohnform, in dieser einzigartigen Wohnform, wie es meine Betreuer immer so sagen. In dem ersten Jahr rastete ich oft aus, ich brach einer Betreuerin die Nase, weil sie nicht das machte, was ich verlangte. Ich verletzte alle anderen und zeigte Ihnen, dass ich hier das Alphatier bin und ich die Regeln mache. Die Hausordnung war mir schnuppe, ich bekomme das was ich will, sonst ist hier was los. Doch ca. nach einem Jahr veränderte sich was im Team, veränderte sich was in der Arbeit der Mitarbeiter und letztendlich auch teilweise in mir, obwohl ich heute noch immer versuche dagegen anzukämpfen. Und da waren plötzlich sehr große neuen Mitarbeiter. Bei meinem letzten Aufenthalt in der Klinik, verriet sich eine Pflegerin und erzählte was von einem Sicherheitsdienst. Aber auch die können mich nicht aufhalten, dachte ich!

Mit der Zeit musste ich jedoch feststellen, dass ich keine Chance habe gegen die Kräfte dieser Männer. Und ich musste feststellen, dass meine Betreuer jedes Mal, wenn es lauter wurde, den Sicherheitsdienst anriefen, der innerhalb von fünf Sekunden da war. Viele Male versuchte ich diese Typen zu verletzen, ja ich wollte sie töten, so schwer verletzen, dass sie wieder gehen. Aber ich merkte einfach, dass sie nicht gehen, ganz im Gegenteil alle Betreuer wollten noch viel mehr von mir.
Plötzlich wollten sie mit mir sprechen, um zu erfahren was in mir los ist und ob ich andere Möglichkeiten habe mit diesen Aggressionen umzugehen. Wir vereinbarten Ziele, wir vereinbarten neue Regeln, so genannte Absprachen, die alle einhalten mussten. Hielt ich mich nicht an diese Regeln, wurde ich bestraft. Scheisse war das! Ich durfte kein TV mehr für mehrere Tage gucken.

Okay, die Zeit ist gekommen sich neuen aufzustellen. Ich muss überleben. Ich muss mich anpassen, damit ich das bekomme, was ich will. Zwei Jahre später, kann ich heute sagen, dass ich mich hier sehr wohl fühle, ja es sogar als mein Zuhause bezeichne. Ich habe hier Arbeit gefunden, ich habe hier das Gefühl, dass mich die Menschen, die mich betreuen zum ersten Mal ernst nehmen, oder warum sollten sie sonst jeden Tag dreimal mit mir sprechen, um zu erfahren wie es mir geht und was ich mir wünsche? Ich kann diese Menschen mittlerweile akzeptieren, auch wenn es mir immer wieder schwerfällt. Aber ich muss dies tun! Ich muss mich weiter entwickeln und wenn ich ehrlich zu mir bin, dann habe ich heute so viele Möglichkeiten, wie noch nie zuvor in meinem ganzen Leben! Ich kann am Leben teilhaben und bin nicht verschlossen untergebracht! So oft lauschte ich heimlich und hörte wie sie alle sagten, dieser Junge ist nicht tragbar, dieser Junge ist zu gefährlich, er muss weg, die Gesellschaft muss vor ihm geschützt werden.
Heute sagen mir meine Betreuer, dass sie stolz auf mich sind, heute sagen sie ich hätte mich entwickelt, heute sagen sie heb den Kopf, geh nach vorne und halte dich an die Regeln. Ich habe mich aufgebaut, Sie haben mich aufgebaut, Nein, gemeinsam haben wir etwas aufgebaut.