Es gibt Geschichten, die nicht leise beginnen – und auch heute noch laut nachhallen.
Meine Geschichte ist eine davon.
Ich war sieben, als ich das erste Mal in eine Psychiatrie kam. Kein Kinderzimmer, keine Geborgenheit – stattdessen geschlossene Türen, Gänge aus Linoleum, Stimmen in der Nacht. Drei Jahre meines jungen Lebens habe ich dort verbracht. Ich wusste nicht, wie es ist, Kind zu sein – ich wusste nur, wie es ist, unter Beobachtung zu stehen.
Danach kam ich zu Pflegeeltern. Es hätte vielleicht ein Neuanfang sein können. Doch ich war voller Wut, Verzweiflung, ohne Sprache für das, was in mir tobte. Ich habe das Haus meiner Pflegefamilie in Brand gesetzt – aus einem inneren Feuer heraus, das niemand zu löschen wusste. Sie verloren ihre Existenz. Ich verlor die letzte Illusion von Zuhause.
Was folgte, war ein Leben im System: Unterbringungen, Wohngruppen, Polizeieinsätze, Psychiatrien. Ein Kommen und Gehen. Niemand blieb. Ich nicht. Die anderen nicht. Zuhause war kein Ort – sondern ein Fremdwort.
Heute? Heute weiß ich oft nicht, wohin mit mir. Ich bin müde. Nicht weil ich zu wenig schlafe, sondern weil mein Leben zu schwer geworden ist. Ich wünsche mir etwas ganz Einfaches: Menschen, die bleiben. Menschen, die mich nicht erklären müssen. Menschen, die meinen Kummer aushalten – ohne sofort eine Lösung finden zu müssen.
Diese Stimme hier – meine Freitagsstimme – ist vielleicht nur ein kurzer Moment der Aufmerksamkeit in einem ansonsten viel zu lauten System. Aber sie ist echt. Und sie ist ein leiser Ruf:
Ich bin da. Noch immer.
Und ich wünsche mir, irgendwann sagen zu können: „Ich bin angekommen.“